Weben in der Blindenweberei
Laut Wikipedia ist das Weben, die Weberei oder Webekunst eine der ältesten Techniken der Herstellung textiler Flächengebilde, bei der mindestens zwei Fadensysteme, die Kette (Kettfaden) und der Schuss (Schussfaden), rechtwinklig verkreuzt werden. Die vorgespannten Kettfäden bilden den Träger, in den nacheinander die Schussfäden von einer Webkante zur anderen durch die gesamte Webbreite eingezogen werden. Das Erzeugnis wird in der Fachsprache als Gewebe bezeichnet, ein Begriff, der sowohl Tuche (umgangssprachlich: „Stoff“) als auch andere Produkte umfasst, wie beispielsweise gewebte Teppiche oder Tapeten.
In der Blindenweberei verwenden wir drei Rohstoffe: Baumwolle, Leinen und Polyester. Alle drei kommen nicht aus Deutschland da sie hier nicht angebaut bzw. nicht in gebrauchter Form hergestellt werden. Polyester, das nur in geringer Menge benötigt wird kommt zumeist aus China. Das verwendete Leinen kommt meist aus Frankreich, Belgien, der Ukraine oder Ägypten. Die Baumwolle, die den größten Teil ausmacht wird meist in den EU Ländern Italien und Griechenland bzw. der Türkei angebaut. Das Schussgarn, das auf Spulen geliefert wird kommt von deutschen Großhändlern, die Anbau und Qualität prüfen und die Spulen ggfs. selbst konfektionieren. Das Kettgarn wird über in Deutschland ansässige Ausrüster geliefert. Diese erhalten unsere Kettbäume und rüsten sie mit dem benötigten Garn aus. Die „Vorarbeiten“ geschehen allesamt in Deutschland.
Das blinde Webpersonal hat verschiedenste Aufgaben bei der Herstellung der Textilien. Es muss Schussfadenbrüche und Kettfadenbrüche beheben sowie fertige Stücke aus der Maschine nehmen und neue Rohre einlegen. Fertige Stücke sind gewebte Bahnen, die zu ca. 50m bei Frottier und ca. 80m bei Glattgeweben auf einer Rolle sind. Es muss neue Schussspulen aufsetzen und Webfehler durch ertasten finden. Zu guter letzt müssen die Webmaschinen regelmäßig mit Luftdruck von Faserflug befreit werden. Begleitet werden die Blinden von einem sehenden Schichtführer. Dieser hat die Verantwortung für die Blinden, was die Sicherheit angeht und hilft bei Problemen, die die Blinden nicht alleine bewältigen können. Darüber hinaus nimmt er kleinere Reparaturen vor.
Ergänzt wird das Team durch die sehenden Techniker/Webmeister. Diese bereiten die Webmaschinen z.B. für die Produktion neuer Artikel vor. Dazu legen sie die Ketten in die Maschinen ein und ziehen die Kettfäden durch Litzen und Riet. Je nach Zahl der Kettfäden (ca. 3.500 bei Baumwolle bis 11.500 bei Mikrofaser) dauert dies bis zu einer Woche. Wird lediglich eine ausgelaufene Kette ausgetauscht und angeknotet dauert dies ca. einen halben bis einen Tag. Gleichzeitig sind sie verantwortlich dafür, dass die Webmaschinen in gutem Zustand bleiben. Hierzu gehören regelmäßige Wartung, Reinigung, Ölen, Reparaturen und Revisionen an den Webmaschinen.
Bei den Webmaschinen sind verschiedene Typen im Einsatz. So verwenden wir Projektilmaschinen (Sulzer), Stangengreifer- (Dornier und Günne) und Bandgreifermaschinen (Picanol). Zusätzlich kommen Voll- und Namensjacquardmaschinen (Grosse) zum Einsatz mit denen Motive gewebt werden können. Hergestellt werden Grob-, Glattgewebe sowie Frottiergewebe mit Flor.
Der komplette Webvorgang findet somit bei uns statt und keineswegs irgendwo in der Welt.
Auch nach dem Weben geht ein Teil der Gewebe noch zu in Deutschland ansässigen Ausrüstern zur Weiterbearbeitung. Die Aufgaben dort gehören nicht zum Tätigkeitsbereich einer Weberei. Es handelt sich um Bleichen, Färben, Auswaschen (der Schlichte), Rauen und Schneiden (in Bahnen).
Abschließend werden alle bei uns gewebten Produkte in der eigenen Näherei weiterbearbeitet. Die Bahnen werden in Tücher geschnitten und eingefasst. Hierbei wird natürlich auch der Aufhänger mit der Waschanleitung und dem Blindenzeichen auf das Tuch verbracht. Konfektionsware (z.B. Schürzen o. Bademäntel) werden zugeschnitten und genäht. Nach der Endkontrolle werden die Artikel eingepackt und Lager-/Versandfertig gemacht. Auch diese Tätigkeiten finden alle bei uns im Hause statt.
Das Weben im Blindenhandwerk ist auch heute noch ein traditionsreiches Handwerk am heimischen Standort Deutschland.